Unsere Tanja wird flügge

Unsere Tanja hat ihr 18. Lebensjahr vollendet und wird nun aus der stationären Maßnahme entlassen.

Tanja kam am 26. August 2012 mit ihren drei jüngeren Geschwistern zu uns auf den Sonnenhof (damals noch in Baden-Württemberg). Somit begleiten wir sie seit sieben Jahren auf ihrem Lebensweg. Sie ist ein Teil unserer Familie und auch wir verspüren einen Trennungsschmerz. Aber alles halb so wild: Tanja bleibt uns doch noch etwas erhalten.

Im Juni 2013 zogen wir von Baden-Württemberg nach Goldenstedt in Niedersachsen, in den hohen Norden. Und all unsere (damals fünf) Schützlinge zogen selbstverständlich mit, so auch Tanja. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell sich Kinder nicht nur in ein neues „Heim“ oder in eine neue Umgebung einfinden, sondern auch, wie schnell sie sich in einem neuen sozialen Umfeld etablieren. Tanja hatte so schnell neue Freunde, dass man mit dem Staunen kaum noch hinterherkam. Nach kurzer Zeit konnte das Navigationssystem im Handschuhfach des Autos verbleiben, sobald Tanja mitfuhr. Denn in Windeseile kannte sie nicht nur Goldenstedt wie ihre Westentasche, sondern auch alle anderen umliegenden Orte gehörten zu ihrem „Revier“.

Als sie im Juni 2017 die Hauptschule beendete und im September die BBS in Wildeshausen besuchte, weitete sie ihre Ortskenntnis auch auf den Nachbarkreis Oldenburg aus.

Als Tanja dann im November 2018 volljährig wurde, wäre die Maßnahme eigentlich beendet. Nachdem sie jedoch noch bis Juli 2019 die Schule besuchte, wurde die stationäre Maßnahme bis 31.8.2019 verlängert. Und so kam es wie es kommen musste, der 31. August rückte unaufhaltsam näher und die stationäre Unterbringung im Auszeithof war beendet. Tanja verließ nach ziemlich genau sieben Jahren das bequeme Leben im Sonnen- bzw. Auszeithof.

Nun geht Tanja in die Selbstständigkeit und wird in der ambulanten Nachbetreuung mit Fachleistungsstunden des Auszeithofes betreut. Gemeinsam mit einer Freundin hat sie in Goldenstedt eine Wohnung gemietet. Wir vom Auszeithof werden Tanja weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen. So werden wir ihr bei beispielsweise bei Amtsgängen, Bewerbungen und Besuchen bei Fachbehörden helfen. Oder auch bei den alltäglichen Dingen, wie der Organisation eines eigenen Haushalts und damit verbunden zum Beispiel auch Hilfe bei der Verwaltung des eigenen Geldes leisten. Sie kann also bei Bedarf noch auf ihren gewohnten "Background" zurückgreifen.

In Kürze haben wir eine kleine Abschiedsfeier für Tanja geplant, um den Ausstand unserer ehemaligen MItbewohnerin gebührend zu begehen. Hier werden wir nochmal wie in alten Zeiten gemeinsam am Tisch sitzen und bestimmt einen gemütlichen Abend verbringen.

Das Leben anzuregen - und es sich dann frei entwickeln zu lassen - hierin liegt die erste Aufgabe des Erziehers.

(Maria Montessori)

Und so halten wir es am Auszeithof und hoffen, dass wir Tanja einen guten Grundstein für ihr Erwachsenenleben legen konnten. Wir sind sehr froh, dass wir Tanja kennen und ein Stück ihres Lebens mitbegleiten durften. Wir hoffen, dass wir ihr bei ihrer Lebensfindung ein wenig behilflich sein konnten und wünschen ihr auf diesem Wege viel Glück und auch weiterhin so viel Freude an ihrem Leben.